Zuallererst: Feuer ist schlecht! Totale Zerstörung ist schlecht. Daher sage ich pfui zu eurem Feuer! Verbannt es aus euren Köpfen. Diese Insel besitzt ein mächtiges, tückisches Gedächtnis. Es erinnert sich an Leichen. Selbst wenn man diese wankenden Kadaver in Fetzen schlägt, holt die Insel sie zurück ins Leben. \n\nDoch es gibt andere Methoden. Das Versuch-und-Irrtum-Prinzip, wie mein Vater, die Götter mögen seine Seele verdammen, immer zu sagen pflegte. In der Alten Welt war ich Küster. Wenn irgendjemand herausfindet, wie man einem Toten Benehmen beibringt, dann ich. Dieses Handbuch enthält, was ich und andere bereits ausprobiert haben und weiterhin ausprobieren werden. Zahlreiche Versuche. Zahlreiche blutige Irrtümer. Man drischt so lange auf einen Nagel ein, bis er nachgibt. Auch das hat mein Vater mir beigebracht. So wollen wir nun beginnen.

Über das Feuer

Der Malleus Mortuis: Der Hammer der Toten

Im Großen und Ganzen sind sie alle nicht das Schwarze unterm Fingernagel wert. Sprecht ruhig eure Gebete, macht eure Gesten, entzündet den Weihrauch, führt den kompletten Mummenschanz auf. Die wankenden Leichen wanken trotzdem weiter. \n\nWir haben alle Gebete des Ostens und Westens von oben nach unten, aus Europa, aus Afrika, aus Asien und wieder zurück ausprobiert. Glaubt mir, diese Insel bekommt alle möglichen Besucher, die uns ihre Bräuche vorgeführt haben, doch keiner funktioniert, zumindest, was die wankenden Leichen betrifft. \n\nEs gibt jedoch zweifelhafte Gerüchte über mächtige Beschwörer, die mittels besonderer Anrufungen Verlorene für eine Weile weiterschlafen lassen. Aber selbst habe ich so etwas noch nie gesehen. Zumindest noch nicht.

Über Beerdigungsriten

Die Verlorenen halten nicht wirklich still. Wir haben ab und an ein paar Finger dabei verloren. Nach altem Brauch haben wir ihnen Taler und Knoblauch in die Mäuler gestopft. Wir haben auch Weihwasser ausprobiert. Wir haben ihnen Weihrauch in Augen, Ohren und Nase geschüttet. \n\nAlles wirkungslos. \n\nManchmal halten sie kurz die Klappe, wenn man ihnen den Mund zunäht. Aber nur manchmal.

Über das Stopfen des Maules einer Leiche

Letzte Nacht haben wir unter Verwendung einiger Bräuche eine wankende Leiche an einer Weggabelung begraben. Doch es hat nicht geklappt. \n\nEin Kollege behauptet, er habe Spiegel um ein Grab herum aufgestellt, um angehende wankende Leichen am Wiederauferstehen zu hindern. Laut ihm hat es funktioniert. Seine einzigen Laster sind die Trunksucht und das Lügen, weshalb sein Wort keinen Pfifferling wert ist.

Über Weggabelungen und Spiegel

Wir haben alles haarklein befolgt, was der alte Skalde uns gesagt hatte. Die widerspenstige Leiche haben wir in einen stabilen Eichensarg gebettet, den wir dann mit den Eisennägeln eines in der Schlacht blutbesudelten Schildes verschlossen. Dann schlug ich noch drei weitere Nägel an das Fußende des Sarges. Als ich mit der Linken hämmerte, was nicht gerade leicht war, wiederholte ich diese Worte:   \n\nGesegnetes Reich und gesegneter Gastgeber,\n\nnagle den Draugr immer fester. \n\nDreimal schlage ich mit heiliger Krümme,\n\neinmal für Wodan, einmal für Thor und einmal für Loki. \n\n\n\n\nEs hat nichts genützt. Das Ding sprang aus dem Sarg wie ein hungriger Wolfswelpe, der sich aus dem Mutterleib beißt. \n\nDa fällt mir ein, der Sarg sollte eigentlich aus Eibenholz sein. Jedenfalls haben wir fast alles genauso gemacht, wie der Skalde es uns gesagt hatte.

Über Eisennägel

Wir haben aufgepasst, dass weder Mondlicht noch Schatten auf das Grab fielen. Wirkungslos. \nWir haben der Leiche Pflöcke ins Herz getrieben. Wirkungslos. \nWir haben zu der Leiche ein Gesangsbuch in den Sarg gelegt. Wirkungslos. \n\nLangsam erkennt ihr das Muster, nicht wahr? Wir haben die Graberde mit Rosendornen und Silberstaub bestreut. Wir haben schwarze Ziegen und Hähne über die Gräber geführt. Wir haben es auch mit weißen Ziegen und Hähnen ausprobiert. Nichts hat funktioniert. \n\nDie Kadaver zu verstümmeln, ihnen die Hände und Füße abzuhacken und die Augen auszustechen, hat ein bisschen geholfen. Danach sind sie langsamer. Manchmal bringt die Insel ihre Gliedmaßen zurück, manchmal nicht. Mit der Insel kann man nicht diskutieren. Diese Methode verschafft einem auf jeden Fall etwas mehr Zeit, als wenn man die Verlorenen direkt umbringt, wobei es jedoch eine grausige und schwere Arbeit ist.

Über Grabbeigaben

Ein alter, verzweifelter Rat bei Begräbnissen. Man begrabe die Leiche entweder kopfüber oder auf dem Bauch, damit sie nicht mehr an die Oberfläche zurückfindet. Albern, nicht wahr? Aber albern genug, um ab und zu zu funktionieren.\n\nDie Chance ist zwar genauso hoch wie beim Münzwurf, aber manchmal schaffen die Kerle es nicht wieder zurück an die Oberfläche. Manchmal frage ich mich, ob sie jetzt irgendwo da unten sind, versuchen sich nach oben zu graben und stattdessen direkt zur Hölle vorstoßen.\n\nDas Problem an dieser Methode ist, dass man im Laufe der Zeit seine Paranoia verliert, bis dann irgendwann doch ein Kadaver aus dem Grab steigt und einen überrascht.\n

Über Grabpositionen

Bald ist meine Zeit gekommen. Ich kann es spüren. An Kleinigkeiten. Mein Gedächtnis schwindet. Ich habe eine unnatürliche Hautfarbe. Ich habe ein Gesicht gemacht, das den Metzgerlehrling in Ohnmacht fallen ließ. Das war nicht mit Absicht.\n\nDas lag an den Begräbnisexperimenten. Jedes einzelne hat seinen Tribut gefordert. Jede Leiche hat einen kleinen Teil von mir geraubt. Gerissene Mistkerle. Sie waren geduldig.\n\nAber ich hatte keine andere Wahl. Ich werde unter der Erde liegen. Mit dem Gesicht nach unten. Hofft auf das Beste …\n\n- Oliver Ashwell\n

Fatum Nostrum Est

Ein mystischer Wald voller Azoth-Bäume und zahlloser verlassener Heimstätten.

Der Malleus Mortuis: Der Hammer der Toten Kapitel - NWGuide Datenbank

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