Der Kommandant hat mir einen Briefumschlag überreicht. Ich brach das rote Wachssiegel und entfaltete die Seite. Emilia Smythe – meine Tochter. \n\nAls erwarte er eine Antwort, hob er die Hand und sagte: "Zweifellos." Eure Beziehung ist zwar kompliziert, bietet euch aber auch die größten Erfolgsaussichten. Wir brauchen deine Hilfe bei dieser Mission, John."

Einsatzbesprechung

Eintrag 1

Es gibt zwei Methoden, um jemanden auf Aeternum dauerhaft zu töten. Entweder man tötet jemanden solange, bis er zum Verlorenen wird, oder man sperrt ihn ein und wartet darauf, dass die Verzweiflung den Rest übernimmt. Aber bitte versteht mich nicht falsch, ich hatte nicht vor, meine Tochter einfach nur zu foltern. Ich würde mich nur von der Wahrheit leiten lassen.\n\nTrotzdem war ich erstaunt, als ich herausfand, dass Emilia nicht nur eine einfache Schreiberin war. Sie führte magische Forschungen für eine fehlgeleitete Gruppe namens "die Illuminaten" durch. Und zu allem Übel hatte sie unser bestgehütetes Geheimnis herausgefunden: die Magie, mit der wir nach dem Tod den Ort der Wiederauferstehung bestimmen.

Tag 5

Eintrag 2

In der verlassenen Scheune war es dunkel, als ich die Anführer der Illuminaten tötete. Als Emilia eintraf und ihre Leichen erblickte, kam kein Schrei über ihre Lippen. Doch dann rief sie verzweifelt einen Namen und eilte an die Seite eines jungen Mannes. Ich sprach in der Dunkelheit ihren Namen aus. Als sie sich mir zuwandte, sah ich etwas Neues in ihrem Blick. Angst.\n\nSie stieß sich ein kleines Messer in den Hals und starb. Sie hatte die Fesseln der Wiedergeburt durchbrochen.

Tag 6

Eintrag 3

Ich lockte sie aus ihrem Versteck, indem ich sie glauben ließ, ich würde das Leiden ihres Geliebten beenden. "Warum?", fragte sie, während sie den jungen Mann unablässig anblickte. Ich hatte ihm ein langsam tötendes Gift injiziert.\n\nWider besseres Wissen versuchte ich, vernünftig mit ihr zu reden. "Wir retten Leben, Emilia. Wir beseitigen jene, die Schrecken verbreiten –"\n\n"Du verbreitest Schrecken!", brüllte sie. Ich verlor den Mut. Sie war weder für Vernunft noch Erlösung empfänglich.\n\n"Was jetzt?", fragte sie. "Händige uns deine Forschungsergebnisse aus, dann lassen wir dich gehen", sagte ich. Und als sie in ihre Tasche griff, schlug ich sie bewusstlos.

Tag 9

Eintrag 4

Als sie wieder zu sich kam, war sie in der engen Holzkiste angekettet. Sie schrie und weinte, schluchzte und flehte. "Vater, ich bin es, deine Emilia! Ich schwöre, dass ich keiner Menschenseele verraten werde, was ich herausgefunden habe! Lass mich nicht in der Dunkelheit sterben! Liebst du mich denn nicht?" \n\nIch zeigte keinerlei Gefühlsregung, dachte ich zumindest, bis ich spürte, wie mir heiße Tränen die Wangen herunterrannen. Um ihren Tod zu beschleunigen, sagte ich ihr, dass wir ihren Geliebten umgebracht hätten und er nun zu den Verlorenen gehörte. Sie heulte auf, warf sich gegen ihre Ketten und ich nagelte die Kiste zu. Die anderen boten zwar ihre Hilfe an, aber ich schob sie beiseite und ließ ihren Sarg in das frisch ausgehobene Grab hinab. Die einsame Bürde eines Vaters.

Tag 15

Eintrag 5

Zwei Jahre später hoben wir den Sarg, um uns ihres Schicksals zu vergewissern. So lange hält niemand durch. Die meisten überstehen ein Jahr, in dem sie lebendig begraben dem Wahnsinn anheim fallen. Ich kämpfte mit meinem eigenen Wahnsinn. Emilia erschien mir im Traum als Verlorene, als Verderbte, als Spionin. In den schlimmsten Albträumen war sie meine Tochter. Als die Nägel gezogen waren, hob ich den Deckel. \n\nLeer. \n\nWar sie entkommen? War sie befreit worden? War sie zu einem Rachegeist oder etwas noch Schlimmerem geworden? Ich wusste, dass sie mir niemals verzeihen würde. Und auch ich würde das nicht tun. Seit zehn Jahren kenne ich nur noch Verzweiflung. Die Angst treibt mich weiter, lässt mich aber nie leben.

Das Experiment Kapitel - NWGuide Datenbank

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